„2G und 3G kann Jugendliche vor Probleme stellen“
„Jugendliche sind bei einer Entscheidung für oder gegen eine Corona-Impfung stark von ihren Eltern abhängig.“ Darauf macht die stellvertretende Diözesan-Caritasdirektorin Ursula Kundmüller aufmerksam. Dem Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg ist es daher ein großes Anliegen, dass durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie keine unbilligen Härten für Jugendliche entstehen. Kundmüller fordert deshalb die Politik auf, diejenigen Jugendlichen nicht zu vergessen, denen der Zugang sowohl zu einer Impfung als auch zu den regelmäßigen Schnelltests in der Schule verwehrt ist.
Kundmüller zählt dazu Jugendliche, die die Schulpflicht erfüllen, aber noch keinen Ausbildungsplatz haben oder die als nicht beschulbar eingestuft sind. Sie nennt etwa psychisch kranke Jugendliche, die zu Hause auf den Beginn einer Therapie warten. Diese Jugendlichen können, wenn sie nicht geimpft sind, kein Schwimmbad und keine Sportstätte besuchen, da dort 2Gplus verlangt wird.
Gesetzgeber und Regierungen sollten bei ihren Corona-Verordnungen auch diese eher kleinen Gruppen im Blick haben, fordert Kundmüller. Die Behörden seien für solche Einzelfälle zu sensibilisieren.
Die Caritasdirektorin wirft ferner die Frage auf, wie es in den Weihnachtsferien weitergehen soll. Der Schulausweis könne, da dann weder Unterricht noch Tests stattfänden, nicht mehr als Testnachweis gelten. „Hier muss die Politik schnellstens Klarheit schaffen. Sonst sind Jugendliche, deren Erziehungsberechtigte sie nicht impfen lassen, vom öffentlichen Leben ausgeschlossen.“
Sorgen macht sich Kundmüller auch um die Arbeit der Beratungsstellen. Sie stünden jetzt im Zwiespalt zwischen dem Schutz der dort Angestellten vor Ansteckung und dem Ziel, für Ratsuchende möglichst unkompliziert zugänglich zu sein. „Wenn der Dienstgeber dort der 3G-Regel als Voraussetzung für das Betreten der Beratungsstelle nachkommt“, so Kundmüller, „kann sich ein ungeimpfter Jugendlicher bei der Erziehungsberatung nicht mehr in einem vertraulichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht Hilfe holen.“
Generell sieht Kundmüller Familien mit geringem Einkommen auch im Kontext von Corona benachteiligt. „38% der Kinder, die in Familien leben, welche Leistungen nach dem SGB II erhalten, wachsen einer Studie von 2015 zufolge in einem Haushalt ohne Auto auf. Die öffentlichen Verkehrsmittel dürfen sie aber ohne Impfung nicht benutzen. Wenn sie nicht zentral wohnen, kommen bedürftige Familien daher nicht einmal dann ins Impfzentrum, wenn sie es wollten“, erläutert sie. „Die Konsequenz ist: Überforderte Eltern gehen nicht mehr in die Apotheke oder zum Arzt. Das kann dann bis zu einer Kindeswohlgefährdung eskalieren.“
Leicht zugängliche Impfangebote ohne Terminvereinbarung und an möglichst vielen Orten schlägt Kundmüller als Lösung vor. „Zudem sollten die Menschen persönlich und individuell auf die Möglichkeit des Impfens angesprochen werden.“ Kundmüller nennt Beispiele, dass Mitarbeiter von Kommunen Migranten aufgesucht haben, um sie über die Impfung gegen das Corona-Virus zu informieren.