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Die monatlichen Abschläge für Strom und Gas bereiten Probleme

Foto Schuldnerberatung in den Beratungsstellen
Datum:
Veröffentlicht: 13.3.23
Von:
Klaus-Stefan Krieger

Inflation treibt die Nachfrage nach Schuldnerberatung an

Die hohe Inflation führt zu einem deutlichen Anstieg des Bedarfs nach Schuldnerberatung.

Im Vergleich zum Jahresbeginn 2022 berichten 65 Prozent der gemeinnützigen Beratungsstellen in einer Umfrage von mehr Anfragen. In 16 Prozent der Beratungsstellen war die Nachfrage um mehr als 30 Prozent höher als noch zehn Monate zuvor.

Für die Umfrage hat die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) im November und Dezember 2022 etwa 1.400 Beratungsstellen zur Nachfrage-Entwicklung sowie zum Profil und den Anliegen der Klientinnen und Klienten befragt.

Wartelisten werden länger

„Die wirtschaftliche Not vieler Menschen und damit der Bedarf nach Unterstützung und Beratung wachsen kontinuierlich. Die Pandemie hatte bereits diesen Effekt, nun sind es die steigenden Preise, die die Haushalte in finanzielle Schwierigkeiten treiben“, erläutert Verena Zepter. Sie ist Referentin für Schuldnerberatung im Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg und berät auch selbst in Erlangen verschuldete und zahlungsunfähige Menschen.

Diözesan-Caritasdirektor Michael Endres sieht die Entwicklung mit Sorge: „Die explodierende Nachfrage bringt unsere Beratungsstellen ans Limit. Die Wartelisten für Termine werden immer länger und Abwarten ist bei Geldproblemen nie eine gute Lösung.“

Gerade die gestiegenen Energiepreise sind ein Treiber bei der Zunahme der Ratsuchenden. Bei knapp der Hälfte (48 Prozent) der befragten Beratungsstellen kommen „Energieschulden“ als Beratungsgrund häufiger vor als im Vorjahr, in 42 Prozent der Beratungsstellen ist „Budgetberatung“ mehr gefragt. „Hinter Budgetberatung verbirgt sich die Frage: Wie komme ich klar mit dem Geld, das ich zum Leben habe?“, berichtet Verena Zepter. „Ein großes Problem bereiten die monatlichen Abschläge für Strom und Gas. Bei

manchen Versorgern haben sie sich verdoppelt. Wer ohnehin knapp bei Kasse ist, kommt damit nicht zurecht. Da geht es dann darum, ob die Wohnung im Winter überhaupt geheizt wird oder ob Essen auf den Tisch kommt.“ Zepter stellt daher auch fest, dass die Schwierigkeiten zunehmen; ein Klient komme oft mit mehreren Problemstellungen in die Beratung.

Mehr Erwerbstätige als Klienten

Die Beratungsstellen berichten auch von einer zunehmenden Nutzung von Tafeln und Sozialläden durch ihre Klientinnen und Klienten. Ebenfalls auffällig: In 45 Prozent der Beratungsstellen waren unter den Ratsuchenden mehr Erwerbstätige als bei der vorigen Umfrage. „Geldnöte bis hin zu Schulden sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, sagt Verena Zepter.

Michael Endres beklagt in diesem Zusammenhang einen Mentalitätswandel: „Wir stellen seit einigen Jahren fest, dass es in bestimmten Gruppen gesellschaftlich immer stärker akzeptiert ist, Schulden zu machen.“ Und der Handel lege es auf Ratenzahlung an – sei es bei der Finanzierung des Autos, der Wohnungseinrichtung oder des Smartphones. Angebote des „Buy now – pay later“ würden insbesondere seit der Pandemie durch Online-Shops intensiv beworben, kritisiert der Diözesan-Caritasdirektor. Das führe dazu, dass junge Erwachsene bereits in frühen Jahren Zahlungsverpflichtungen eingingen, die sie später in die Schuldenfalle führten – wenn Unvorhergesehenes eintrete wie Arbeitslosigkeit oder Krankheit. „Aus vorhersehbar kontrollierter Verschuldung wird schnell Überschuldung.“ Dagegen helfe nur Aufklärung. Aber für präventive Arbeit – etwa an Schulen – fehlten den Beratungsstellen die Kapazitäten.

Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen der Caritas gibt es in Bamberg, Bayreuth (mit Außenstelle in Kulmbach), Coburg (mit Außensprechtagen in Bad Rodach, Kronach, Lichtenfels und Neustadt bei Coburg), Erlangen und Forchheim. In der AG SBV sind die Anbieter der sozialen Schuldnerberatung organisiert.