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„Eine verpflichtende Tarifbindung hilft den Pflegekräften mehr als ein einzelner verbindlicher Tarifvertrag“

Der Diözesan-Caritasverband Bamberg unterstützt die Ablehnung des Allgemeinverbindlichen Tarifvertrages durch die Arbeitsrechtliche Kommission
Datum:
Veröffentlicht: 3.3.21
Von:
Klaus-Stefan Krieger

Diözesan-Caritasverband unterstützt die Ablehnung des Allgemeinverbindlichen Tarifvertrages durch die Arbeitsrechtliche Kommission

„Es gibt geeignetere Wege, die notwendige Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege weiter voranzubringen.“ Damit begründet die stellvertretende Diözesan-Caritasdirektorin Ursula Kundmüller, warum der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg die Ablehnung eines Allgemeinverbindlichen Tarifvertrages für die Altenpflege unterstützt.

Am vergangenen Donnerstag hatte die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas das Vorhaben des Bundesarbeitsministers abgelehnt, einen zwischen dem Bundesverband der Arbeitgeber in der Pflege (BVAP) und der Gewerkschaft ver.di ausgehandelten Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären. Dies hätte der Minister nur tun können, wenn – so die Regelung des Arbeitnehmerentsendegesetzes von 2019 – zwei kirchliche Arbeitsrechtliche Kommissionen dem Vertrag zugestimmt hätten.

Die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas habe es sich in den vergangenen Wochen nicht leicht gemacht und das Für und Wider einer Zustimmung auch in der Diskussion mit den Regionalen Kommissionen abgewogen, berichtet Kundmüller, die der Kommission für Bayern angehört.

Gefahr: Pflegebedürftige müssen noch mehr selbst zahlen

Massive Bedenken gebe es zur Frage der Refinanzierung. „Es ist nicht gesichert, dass die Gehaltssteigerungen von den Pflegekassen ausgeglichen werden“, beschreibt Kundmüller die Situation. „Höhere Vergütungen müssen dann möglicherweise die Pflegebedürftigen selbst mit einer Erhöhung ihres Eigenanteils finanzieren.“ Dieser beträgt bei Pflegeheimen im Bundesdurchschnitt bereits jetzt mehr als 2.000 Euro im Monat. „Pflegekräfte und Pflegebedürftige dürfen nicht durch unausgewogene politische Entscheidungen gegeneinander ausgespielt werden“, betont Kundmüller. Vielmehr müsse die Finanzierung der Pflege grundlegend reformiert werden.

In diesem Zusammenhang weist Kundmüller auf eine weitere Schieflage hin: „Die Caritas entlohnt ihre Pflegekräfte deutlich besser als der Tarifvertrag von BVAP und ver.di. Wir sehen die Gefahr, dass die Pflegekassen sich künftig am Tarifvertrag Altenpflege als Norm orientieren und unsere höheren Gehälter nicht mehr akzeptieren.“ In der Folge würden kirchliche Pflegeeinrichtungen entweder ins Defizit rutschen und müssten schließen. Oder sie müssten die Mehrkosten wiederum auf die Pflegebedürftigen abwälzen.

Keine Betriebsrente, keine Überstundenzuschläge

Kundmüller benennt auch deutliche Defizite des Tarifvertrags von BVAP und ver.di: „Eine betriebliche Altersvorsorge, passgenaue Arbeitszeitmodelle oder Überstundenzuschläge sucht man darin vergeblich.“ Der Vertrag sei von der Caritas nicht mitverhandelt, würde aber massiv in deren Tarifwerk, die sog. Arbeitsvertragsrichtlinien der Caritas (AVR), eingreifen. Dabei dürfe man nicht unterschlagen, dass der BVAP gerade einmal 70.000 von bundesweit 1,2 Millionen Mitarbeitern in der Pflegebranche beschäftigt. Und dass der konkurrierende bpa Arbeitgeberverband bereits Verfassungsklage gegen eine Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags Altenpflege angekündigt hat.

Ja zu den Plänen des Bundesgesundheitsministers

Der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg bevorzugt daher die Pläne von Bundesgesundheitsministers Jens Spahn. Er schlägt vor, dass künftig als Anbieter von Pflege nur noch die Arbeitgeber zugelassen werden, die sich an ein Tarifwerk binden. „Davon erhoffen wir uns“, so Kundmüller, „eine Konkurrenz, wer den Beschäftigten die besten Bedingungen bietet. Dies würde den Pflegekräften am meisten nützen.“

Die Caritas arbeitet auch weiter in der Pflegekommission des Bundesarbeitsministers und an den Pflegereformvorschlägen des Bundesgesundheitsministers mit. „Wir wollen weiterhin bessere Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten in der Altenpflege“, betont Ursula Kundmüller. „Wir werden uns an zielführenden Bemühungen tatkräftig beteiligen.“

Der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg ist der Spitzenverband der Caritas im Erzbistum Bamberg, das Oberfranken und die nördliche Hälfte Mittelfrankens umfasst. Er vertritt 120 Einrichtungen in der Gesundheits- und Altenhilfe mit 3.600 Beschäftigten.