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Hoher Zeitdruck beeinträchtigt Freude an der Arbeit in der Pflege

Pflegetruck NEA Azubi
Datum:
Veröffentlicht: 23.7.15
Von:
Klaus-Stefan Krieger

Pflegetruck der Kirchen machte Station in Neustadt an der Aisch

„Es macht Spaß, mit alten Menschen zu arbeiten. Ich könnte mir nicht vorstellen, im Büro zu sitzen“, sagt Michaela Thiel. Bereitwillig gibt die Auszubildende im Scheinfelder Caritas-Alten- und Pflegeheim St. Maximilian Kolbe Auskunft zu ihrer Motivation. Oft höre sie von Bewohnern den Satz „Schön, dass Sie da sind“ und das bestärke sie in ihrer Berufswahl, erzählt die junge Frau dem Publikum, das in Neustadt an der Aisch zum Pflegetruck gekommen ist.

Am 14. und 15. Juli machte die Kampagne, die von den beiden großen Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden Caritas und Diakonie in diesem Jahr durch Bayern geschickt wird, Station in der Kreisstadt im Aischgrund. Eröffnet wurden die zwei Tage von einer ökumenischen Andacht und einer Reihe von Interviews.

Die Dankbarkeit der Pflegebedürftigen wird oft angeführt, wenn Caritas-Geschäftsführer Gerhard Behr-Rößler nach Beweggründen für ein Engagement in der Pflege fragt. „Man bekommt von den Bewohnern viel zurück“, sagt Angela Wanninger, Wohnbereichsleiterin im Scheinfelder Altenheim. Frau Hennig, die bei der Diakonie ehrenamtlich in einem Besuchsdienst mitwirkt, fährt mit einer Seniorin regelmäßig auf den Friedhof: „Das bedeutet ihr sehr viel; sie hat leuchtende Augen, wenn ich sie abhole.“

Beide Frauen sehen sich aber auch Zumutungen ausgesetzt. Frau Hennig befürchtet, dass angesichts der steigenden Arbeitsbelastung der Pflegekräfte immer mehr Aufgaben an die Ehrenamtlichen abgeschoben werden. Viele von diesen aber „erkennen ihre Grenzen nicht, weil sie sich moralisch zur Hilfe verpflichtet fühlen.“

Angela Wanninger beklagt, dass Pflegekräfte Schreibarbeiten – die umfangreiche Dokumentation – oft in der Freizeit erledigen müssten, weil es an Zeit fehle für die Bewohner und auch deren Angehörige, die mit vielen Fragen kommen.

Der Zeitdruck ist Auswirkung einer zu knappen Finanzierung. Frank Larsen, Geschäftsführer des Diakonischen Werks Neustadt/Aisch, kritisiert, dass die Leistungen der Pflegeversicherung die Lohn- und Preissteigerungen nie aufgefangen haben. Dadurch sei die Eigenbeteiligung der Pflegebedürftigen immer höher geworden; die Belastung sei einseitig auf die verlagert worden, die Pflege benötigen. Mit dem Pflegestärkungsgesetz zeigt sich Larsen „eigentlich zufrieden“. Die Politik habe begriffen, dass die Gesellschaft sich Pflege etwas kosten lassen müsse. Allerdings hält er es für nötig, dass die Beiträge der Pflegeversicherung weiter steigen: „Und das ist in Ordnung, denn gute Pflege ist zum Schleuderpreis nicht zu haben.“ Der evangelische Dekan Matthias Ewelt schlug vor, Steuern „auf Dinge, die wir nicht brauchen“, zu erhöhen.

Der Forderung nach mehr Geld für die Pflege pflichtete auch Landrat Helmut Weiß bei. Das Pflegestärkungsgesetz müsse noch nachgebessert werden – insbesondere, um eine angemessene Entlohnung der Pflegekräfte zu erreichen: „Ideell ist die Anerkennung hoch. Aber die Bezahlung entspricht nicht den Belastungen.“ Ihn wie auch die Bezirksräte Ronald Reichenberg und Marco Kistner treibt die Sorge um genügend Nachwuchs für den Pflegeberuf um.

Warum es in einem Beruf, den sie so attraktiv finde, Fachkräftemangel gebe, wollte denn auch Gerhard Behr-Rößler von der Auszubildenden wissen. Nach Michaela Thiels Eindruck ist es das „schlechte Image, gerade auch in den Medien.“ Ähnlich äußerte sich Neustadts Bürgermeister Klaus Meier: „Die Betroffenen bewerten die Pflege meist besser als die Öffentlichkeit.“

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